Die Begeisterung, mit der Mark sich in das Thema „Telefontasten/Vanity“ stürzte, hat uns überrascht und verblüfft. Sollte sich das noch steigern lassen? Wohl kaum.

Und doch …

Es begann mit einem Eintrag im Issue-Tracker auf Github: Edelcrantz Code · Issue #681 · S-Man42/GCWizard (github.com) und dem Hinweis, das wäre ein optischer Telegraph, der auch grafisch dargestellt werden könne.

Mein Interesse war geweckt. Nach den Erfahrungen mit Zisterzienser-Zahlen, Braille und etlichen anderen Tools sollte dies machbar sein. Doch der Teufel lag wie so immer im Detail.

Auf der Suche nach Edelcrantz

Im Grunde hätte es mit dem englischen Wikipedia-Eintrag und dem grafischen Tool gereicht, das neue Feature abzuschließen. Allerdings gab es auch einen Hinweis zu einem Codebuch aus dem Jahr 1809 sowie weitere interessante Codes wie Wig Wag und Nadeltelegraphen. Das weckte meine Neugier.

Nach einigen Fragestunden mit Google und Bing fand ich

  • in den Internet Archives einen Scan des Buches von Holzmann, Gerard J.; Pehrson, Björn, The Early History of Data Networks mit einer Seite des Edelcrantz-Codes von 1796 – allerdings von schlechter Qualität und
  • eine Masterarbeit für den Bau eines interaktiven Modells für ein finnisches Museum.

Immerhin zwei kleine Schritte weiter auf dem Weg. Mit zwei höflichen E-Mail gelang der Durchbruch:

  • Gerard Holzmann besaß eine Ausgabe des Buches von Edelcrantz und schickte mir einen verbesserten Scan der Codetabelle.
  • Der betreuende Professor, Markku Turunen, vermittelte mich an den Kurator des schwedischen Technik-Museums, Anders Lindeberg-Lindvet, der mir das vollständige Codebuch von 1809 einscannte und zur Verfügung stellte. An dieser Stelle meinen herzlichsten Dank für ihre Unterstützung an Jaako Hakulinen und Erika Tanhua-Piiroinen.
    Zudem wies mich Anders auf die norwegische Weiterentwicklung von Ole Ohlsen hin. Doch davon später.

Nach etlichen Stunden geduldiger Tipperei waren alle drei Codebücher hinterlegt und das Tool fertig.

Das kann doch nicht alles gewesen sein …

Stimmt. Nach dem Erfolg mit Edelcrantz wurde ich übermütig: warum nicht eine Tool-Sammlung für Telegraphen schreiben? Die grafische Umsetzung war im Grund ähnlich und auch die Tabellen lagen doch vor.

Damit war der Weg vorgezeichnet:

  • Chappe-Telegraph
  • Murray-Telegraph
  • Ohlsen-Telegraph
  • Preußischer optischer Telegraph
  • Winkeralphabet
  • Wig Wag
  • Lochstreifen für CCITT-1 und CCITT-2

Dazu kamen noch ein paar Ergänzungen

  • Schilling von Canstatt hatte eine fehlerhafte Codetabelle – C und H waren gleich codiert
  • Wheatstone-Cooke hatten mehrere Nadeltelegraphen gebaut

Und eine Herausforderung: die Suche nach den Codetabellen und -bücher sowie die Erlaubnis zur Nutzung derselben!

Während ich nun einerseits begann, die grafische Darstellung der jeweiligen Telegraphen zu programmieren, ging parallel die Suche nach den Tabellen los. Per Google, Bing und natürlich E-Mail.

Schiling von Canstatt-Telegraph

Nach einigen Recherchen, bei denen ich immer nur die gleiche fehlerhafte Tabelle fand, stieß ich auf eine Publikation von Volker Aschoff über Paul Schilling von Canstatt und die Geschichte des elektromagnetischen Telegraphen. Es war nur einer kurzer weiterer Schritt, diese Broschüre gebraucht über Amazon zu kaufen.

Natürlich fand sich hier die korrekte Tabelle. Aber auch der Hinweis, dass diese Tabelle von T.P Shaffner in seinem Buch von 1867 auch erfunden sein könnte.

Ohlsen-Telegraph, Norwegen

Am schnellsten reagierte das norwegische Technikmuseum. Anne Solberg trug mit einer detaillierten Übersicht und einem Scan des Codebuchs von 1808 zur Funktionsweise und den Codes des Ohlsen-Telegraphen bei.

Murray-Telegraph, England

Während die Programmierung leicht von der Hand ging – mit Braille gab es ein gutes Vorbild – waren die Tabellen eine Herausforderung. Zum einen gab es diverse Versionen:

  • Helmar Fischer
  • Omer Roucoux
  • Geocaching Toolbox
  • etc.

Zum anderen wies Helmar Fischer auf seiner Internetseits zum Klappentelegraphen darauf hin, dass er nicht glücklich über die Nutzung seiner Tabellen durch Geocacher – ohne zu fragen – war.

Japiejoo von der Geocaching Toolbox konnte über sein Profil direkt angeschrieben werden und war sofort einverstanden.

Helmar Fischer war schon schwieriger. Etliche Mail-Versuche liefen ins Leere. Doch schließlich konnte ich über die Schule einen Kontakt herstellen und nach einer kleinen Erläuterung, was der GC Wizard ist und was ich beabsichtige, erhielt ich auch hier die Erlaubnis.

Schwierig war die Kontaktaufnahme mit Omer Roucoux. Der Grund war ebenso einfach wie traurig. Nach einem Irrweg über die Bedforshire Libraries und die Dunstable and District Local History Society wurde mir vom Vorsitzenden, John Buckledee mitgeteilt, dass Omer Roucoux verstorben wäre, jedoch seine Witwe keine Einwände gegen die Nutzung der Tabellen hätte.

Der optische preußische Telegraph – die Königsdisziplin

Auch hier hätte es im Grunde mit dem Wikipedia-Eintrag und dem grafischen Tool gereicht, dieses Feature abzuschließen. Allerdings gab es auch einen Hinweis zu einem Codebuch. Das weckte erneut meine Neugier.

Interessanterweise gab es zwar zahlreiche Internetauftritte zu diesem Telegraphen, aber nur eine Seite mit weiteren Informationen zu dem verwendeten Codebuch: – Geschichte (optischertelegraph23.de).
Leider habe ich bis heute von Wilfried Han keine Antwort erhalten.

Doch wie so oft: das Gute liegt so nah. Erfolgreicher war der Weg über Josef Köhne und dem Telegrafenverein Entrup, der mich zu Manfred Menning auf den Telegrafenberg bei Potsdam führte. Er ermunterte mich zur Kontaktaufnahme zum Museum für Kommunikation in Frankfurt.

Frank Gnegel, Abteilungsleiter Sammlungen, bestätigte, dass die Bücher in Frankfurt lägen, bedauerlicherweise jedoch nicht digitalisiert.
Jedoch vermittelte Veit Didczuneit, Abteilungsleiter Sammlungen in Berlin, mich an die dortige Bibliothek. Wenngleich eine Fernleihe nicht möglich war, gab es immerhin eine digitalisierte Version, die mir von Frau Sandy Lang über den Medienserver zur Verfügung gestellt wurde.

Nach einem ersten Blick waren es jedoch die Bedienungsanleitungen. Eine kurze Mail später wurde von Frau Lang auch das Codebuch gefunden und übermittelt.

Jetzt mussten nur noch 33 Seiten abgetippt werden …

Und die Moral von der Geschicht …

… Aufgeben giltet nicht!

Mit Geduld und höflichem Auftreten lässt sich vieles erreichen.